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Inspiration & Recherche

Untenstehend sind allgemeine Inspirationen und Grundlagenrecherchen für die Tropical Bauhaus Kollektion beschrieben.




Das Bauhaus

Eine der Hauptinspirationen meiner praktischen Masterarbeit ist die Textilwerkstatt am Bauhaus. Für die Betrachtung der Textilwerkstatt möchte ich zunächst auf die allgemeinen Absichten und Ziele des Bauhauses eingehen, um die Intention der Bauhaus-Studierenden zu verstehen.

Die Textilwerkstatt wurde seit Beginn als sogenannte «Frauenabteilung» betitelt. Wichtig für die frühe Phase der Textilwerkstatt war besonders Johannes Itten. Einen grossen Einfluss auf die Gestaltungsprache der Weberinnen übten auch die am Bauhaus unterrichtenden Künstler Paul Klee und Wassily Kadinsky aus. Deren Einfluss wird separat behandelt.

Im Folgenden wird auf eine kleine Auswahl von Textilien der Weimarer Zeit eingegangen und deren Gestaltungsmerkmale analysiert. Insgesamt zeigt sich, dass die Weberinnen den Unterricht ihrer Lehrer gut verstanden haben und die Theorien bestens ins textile Medium übertragen konnten.

Das Bauhaus wurde 1919 gegründet und begann mit der Formulierung einer Utopie: Der «Bau der Zukunft» sollte alle Künste in idealer Einheit verbinden. Dies erforderte einen neuen Typ Künstler, jenseits akademischer Spezialisierung, dessen Erziehung am Bauhaus angestrebt wurde. Gründer Walter Gropius sah den Weg zum Ziel in neuen pädagogischen Methoden und im Handwerk als Voraussetzung jeder Kunst: «Die Schule soll allmählich in der Werkstatt aufgehen». Folglich arbeiteten am Weimarer Bauhaus Künstler und Handwerker gemeinsam in Lehre und Produktion. Auf diese Weise sollte die Trennung zwischen freier und angewandter Kunst aufgehoben werden. (http://www.bauhaus.de/bauhaus1919/)

Die moderne Kunstschule zog in das Gebäude der ehemaligen Grossherzoglichen Kunstgewerbeschule Weimar ein. Diese wurde 1907 von dem belgischen Architekten Henry van de Velde eingerichtet und bis zum ersten Weltkrieg 1914 geleitet. Gropius bezweckte nicht die Weiterführung der bereits vor dem Krieg existierenden Ausbildungsform der Kunstgewerbeschule, daher benannte er seine Schule in «Staatliches Bauhaus Weimar» um. In seinen Buch «Die neue Architektur und das Bauhaus. Grundzüge und Entwicklung einer Konzeption», erstmals erschienen 1935, hält er fest, dass er «bei der Gründung und Verwirklichung des Bauhauses» von dem «Gedanke der grundlegenden Einheit aller gestalterischen Arbeit» geleitet wurde (Gropius, Walter, 1965, S. 22). Es war seine Absicht, «einen neuen, bisher nicht vorhandenen Typ von Mitarbeitern für die Industrie und das Handwerk heranzubilden, der Technik und Form im gleichen Maß beherrscht». Bis anhin wurden «Fantasie und technisches Können» voneinander getrennt gefördert bzw. unterrichtet (ebd. S. 22). Mit dieser fortschrittlichen Zukunftsidee stand das Bauhaus im ziemlichen Kontrast zur provinziellen Umgebung. Weil das Konzept der Schule mit einer postulierten Rückkehr zum Handwerk begann und so die Entwicklung zur Industrialisierung von Kunsthandwerk und Technik vorantrieb, zog das Bauhaus Angriffe der kleinbürgerlichen Kräfte auf sich. Aus heutiger Sicht bringt gerade der obengenannte Ansatz die Anerkennung ein, Wegbereiter des Industriedesign gewesen zu sein.

Im Gründungsjahr 1919 veröffentlichte Gropius auf einem vierseitigen Flugblatt das Bauhaus-Manifest, in dem er die Ziele, Ideen und Grundsätze der Lehre sowie die Aufnahmebedingungen vorstellt. Er fordert darin, dass sich die künstlerischen Disziplinen Bildhauerei, Malerei, Kunstgewerbe und Handwerk am Bauhaus sammeln und als «unablösbare Bestandteile» in der «neuen Baukunst» vereinigt werden (Gropius, Bauhaus Manifest, S. 40). Gropius kritisiert die Vereinzelung der Künste. Eine Erneuerung der Künste kann seiner Ansicht nach nur aus dem Zusammenwirken von Künstlern und Handwerkern hervorgehen. Daher fordert er: «Architekten, Bildhauer, Maler, wir alle müssen zum Handwerk zurück!» (Gropius, Walter, Bauhaus Manifest, S. 39). Im Rahmen «der angestrebten Einheit von Kunst und Handwerk fehlte zu Beginne allerdings ein ernsthafter Diskurs über das textile Gestalten». (Wortmann-Weltge, S. 45)

Die Realität der technischen Zivilisation stellte jedoch weitergehende Ansprüche, denen die Aufwertung des Handwerks allein nicht genügen konnte. Das Bauhaus reagierte 1923 mit einem geänderten, seine künftige Arbeit bestimmenden Programm unter dem Leitsatz: «Kunst und Technik – eine neue Einheit». Die Möglichkeiten der Industrie sollten für das Ziel einer funktional und ästhetisch befriedigenden Gestaltung eingesetzt werden. In den Bauhauswerkstätten entstanden Vorbilder, die für die Massenproduktion bestimmt waren: von der Lampe bis zum Wohnhaus. (http://www.bauhaus.de/bauhaus1919/)

Die Textilwerkstatt am Bauhaus

Mit der neuen Weimarer Verfassung stand auch Frauen erstmals eine unbeschränkte Lernfreiheit offen. Das Bauhaus-Manifest versprach, «jede unbescholtene Person ohne Rücksicht auf Alter und Geschlecht» aufzunehmen, sofern die nötige Vorbildung als ausreichend erachtet wird und es der «Raum zulässt» (Gropius, Walter, Bauhaus Manifest, S. 41). Ferner versprach Gropius Frauen und Männern absolute Gleichberechtigung, aber auch gleiche Pflichten, was aber nicht realisiert wurde. Unerwartet viele Frauen fühlten sich vom Programm des Bauhauses angesprochen und kamen, um bei bekannten Künstlerin wie Walter Gropius, Johannes Itten, Paul Klee, Gerhard Marcks, Lyonel Feininger, Georg Muche und Wassily Kandinsky zu lernen. Die meisten Frauen, die am Bauhaus studierten, wiesen mehrjährige künstlerische Erfahrung auf. Gropius selbst hatte mit wesentlich weniger Frauen gerechnet und riet bereits im September 1920 zur scharfen Aussonderung bei der Aufnahme des weiblichen Geschlechts.

Betrachtet man die Anfänge der Textilwerkstatt in Weimar und auch ihre Fortsetzung in Dessau, wurde die sogenannte «Frauenabteilung» anscheinend speziell dazu eingerichtet, um die vielen ans Bauhaus strömenden jungen Frauen aus den anderen Werkstätten fernzuhalten und sie eine als typisch weiblich angesehene Tätigkeit ausführen lassen. Die anfangs angekündigte Gleichberechtigung wurde leider nicht verwirklicht und so war «die Werkstatt für Weberei auch ein Prüfstein dafür, wie und inwieweit Frauen an der avanciertesten Kunstschule akzeptiert und integriert wurden. [...] Zweifelsohne gehört die Weberei zu den dunklen Seiten des Bauhauses.» (Droste, Magdalena, S. 12). Die Frauenabteilung bestand anfangs von 1919 bis 1920 ohne ein festes Studienprogramm. Aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage nach dem ersten Weltkrieg herrschte auch Materialnot. (vgl. Günter, Melanie, S. 12)

«Die Werkstatt für Weberei gehörte 1919 zu den ersten arbeitsfähigen Werkstätten des Bauhauses, da Walter Gropius mit Helene Börner vertraglich vereinbart hatte, dass ihre Werkstatt dem Bauhaus angegliedert wurde. Helen Börner hatte schon an der seit Jahren geschlossenen Kunstgewerbeschule Henry van der Veldes die Textilklasse geleitet und die Webstühle waren ihr Privateigentum.» (vgl. Droste, Magdalena, S. 12)

Gunta Stölzl war für den Verlauf und die Entwicklung der Weberei eine einflussreiche Person. Sie kam 1919, bereits mit künstlerischem Hintergrund, als Studentin ans Bauhaus und verliess es erst 1931 als Bauhaus Meisterin wieder. Wie Gunta Stölzl im Rückblick berichtet, haben die Bauhaus-Studentinnen die Frauenklasse mitinitiiert.

Im Mai 1920 war die Einrichtung der Frauenabteilung beendet und Johannes Itten übernahm für kurze Zeit die künstlerische Leitung der Werkstatt. Gunta Stölzl wurde eine Aufsichtsfunktion zugewiesen. Im März 1921 wurde Georg Muche von Walter Gropius zum «Meister der Form» für die Textilwerkstatt berufen und löste damit Ittens Tätigkeit in der Weberei ab. (Günter, Melanie, 2009, S. 16).

Die nachfolgenden Abbildungen zeigen die Bauhaus-Künstlerinnen um 1927 (Bauhaus-Archiv) sowie den Werkstattraum der Weberei am Bauhaus in Weimar, ca. 1923 (Bauhaus-Universität Weimar, Quelle: http://www.zeit.de/)




In der Weberei wurden Dekorationsstoffe, Wandbespannungen und Möbelbezugsstoffe für moderne Inneneinrichtungen wie die des Hauses Sommerfeld oder des Musterhauses am Horn hergestellt. Die Entwicklung von kostengünstig produzierbaren, auch aus Kunstfasern hergestellten Stoffen wurde unter dem zweiten Bauhausdirektor Hannes Meyer in Dessau intensiviert. Nach dem Weggang von Gunta Stölzl 1931 trat die Innenarchitektin Lilly Reich die Nachfolge an.

Ziel der Weberei des Bauhauses war es, die verlorengegangene Verbindung zwischen Entwerferin, Gestalterin und Weberin wieder neu zu schaffen. Es ging darum, erst das Handwerk sorgfältig zu erlernen, damit zu experimentieren und neue Wege der Gestaltung zu gehen, um so für eine Tätigkeit in der Textilindustrie vorbereitet zu werden. (vgl. Günter, Melanie, S. 43)

Anni Albers betont daher 1924 in ihrem kurzen Artikel über die Bauhausweberei: »Das Bauhaus versucht, den allgemeinen Kontakt mit dem Material wieder herzustellen. Die Weberei im Bauhaus ist daher zunächst Handweberei. Sie geht also den alten Weg zum Einzelstück. [...] Die Arbeit muss heute experimentell sein: Wir haben zu sehr das Materialgefühl früherer Zeiten verloren. Wir müssen neu versuchen, dieses Gefühl zu schulen. Wir müssen handwerkliche und technische Möglichkeiten neu durchdringen. Das macht Hand-Arbeit möglich. Der langsame Arbeitsweg lässt jeden Versuch zu. Er ermöglicht vollkommene formale, technische, materiale Durchbildung. Wir können dann Industrie, das mechanische Handwerk, begreifen und für sie arbeiten, weil wir sie wesentlich erfassen. Der Weg führt also zum Einzelstück und zur Massenherstellung.» (Albers, Anni: Bauhausweberei. In: Günter, Melanie, S. 43)

Die einzelstückartige Produktion der Weimarer Textilwerkstatt stellt in vielerlei Hinsicht einen wichtigen Entwicklungsfaktor für die gesamte Bauhaus-Webwerkstatt dar. Ziel war es, sich von jeglicher kunstgewerblichen Tradition zu lösen und Entwurf und Ausführung wieder in einer Person zu vereinigen.

Kühn gingen die Weberinnen mit dem geometrischen Formenvokabular, der neuen Abstraktion und der Farbe um. Sie entdeckten, dass Schuss und Kette (Muster und Grund) eines Gewebes gleichwertig eingesetzt werden können und trugen damit auch entscheidend zur Vermittlung der abstrakten Formensprache bei (vgl. Günter, Melanie. 2009, S 44). Die Stoffe der Weimarer Zeit sind eine generelle Absage an das gegenständliche, bildliche und traditionelle Gobelinweben, zugunsten einer gänzlich neuen Formensprache (vgl. Wortmann-Weltge, S. 49). «Die Weberinnen beabsichtigten, aus einem Wandbild ein Kunstwerk mit textilen Mitteln zu machen.» (Günter, Melanie, S. 45)

Während der Bauhausjahre gab es vier verschiedene Lehrer, die in unterschiedlicher Weise die Textilwerkstatt prägten. Aus dem Unterricht von Itten war es besonders die Kontrastlehre, die lange nachwirkte, obwohl Itten nur von 1919 bis 1923 am Bauhaus unterrichtete. Gunta Stölzl hatte das Arbeiten mit Gegensatzpaaren als wichtigstes Gestaltungsprinzip übernommen und durch ihr Vorbild und ihre spätere Unterrichtstätigkeit wurde diese Entwurfsmethodik bis 1931 am Bauhaus tradiert (vgl. Droste, Magdalena, S. 12).

«Nach dem Vorkurs besuchten die Studierenden Gestaltungsunterricht bei Wassily Kandinsky und Paul Klee. Kandinskys Einfluss wirkte sich besonders in der Farbgestaltung und bei der Anwendung von Kompositionsprinzipen aus.»

Laszlo Moholy-Nagy beeinflusste insbesondere die Weberin Otti Berger durch seine auf das Haptische konzentrierte Unterscheidung von Textur, Faktur und Struktur. Berger übertrug diese Werte ins Textile, definierte von hier aus den Funktionsbegriff neu und kritisierte 1930 die ästhetisch orientierte Kontrastlehre Ittens/ Stölzls. (vgl. Droste, Magdalena, S. 11)




Paul Klee, Vier Türme, 1923, Aquarell und Bleistift auf Papier; URL: http://www.artnet.de/magazine/auktionen-dezember-2009/images/12/
Klee Paul, Doppelzelt, 1923; URL: http://paul-klee.ch/paul-klee/landschaften/

Grössten Einfluss auf die Weberinnen übte Paul Klee aus. Klee beschäftigte sich intensiv mit der Systematik der Farbenlehre sowie der Flächenteilung, die für die Musterbildung nützlich war. (vgl. Droste, Magdalena, S. 12)

Sehr bald erwies sich das Quadrat als diejenige Form, mit der seine Theorie am besten angewendet werden konnte. «Fein abgestufte und variierte Quadrate oder diagonal geteilte Quadrate und Dreieckformen blieben das unmittelbarste Zeugnis der Umsetzung von Paul Klees Lehre in Textilien.» Ebenso verrät die Farbwahl vieler Textilien Klees Vorbild. (vgl. Droste, Magdalena, S. 12)

In drei sehr ähnlichen, nur in Grösse und Farbnuancierung leicht verschiedenen Wandbehängen experimentierte Benita Koch Otte 1922/ 1923 besonders mit Ittens Hell-Dunkel Kontrast und Paul Klees Farbtheorien. Koch-Otte komponiert hier ein rhythmisches Muster aus Rechtecken und Quadraten, horizontalen und vertikalen Streifen. Dabei verwendet sie geschickt die Mittel der Spiegelung und Umkehrung, wie sie auch Klee unterrichtete. «Dieser abstrakte Wandbehang ist ein Zeichen für Koch-Ottes gelungene Umsetzung der komplexen bildnerischen Theorien Klees in das textile Medium» (Wortmann-Weltge, S. 60). Die Wandbehänge erinnern zudem stark an Paul Klees Quadratbilder.

Die Beziehungen zwischen Farbe und Form beschäftigte die Künstler und Lehrer der Bauhaus-Schule sehr intensiv. Die beiden Bauhauslehrer Johannes Itten und Wassily Kandinsky entwickelten mit ihren Schülern bis heute gültige Farbordnungen und Farbsysteme. Auf deren Grundlage untersuchten sie den Zusammenhang zwischen Farbe und Form, ordneten den Farben bestimmte Eigenschaften zu und verwendeten beinahe ausschliesslich die drei geometrischen Grundformen Dreieck, Quadrat und Kreis. Diese drei Grundformen spielen im gesamten Bauhaus eine sehr bedeutende Rolle. (vgl. Wortmann-Weltge, S. 60)

Ein frühes Beispiel für Experimente mit den drei Grundformen und -farben aus der Textilwerkstatt liefert der Schlitzgobelin von Max Pfeiffer-Watenphul. Er wurde um 1921 in der Weberei in Johannes Ittens Vorkurs gearbeitet. Dieser Teppich ist die einzige Arbeit vom Maler Max Pfeiffer-Watenphul, der eigentlich ein juristisches Studium abgeschlossen hatte und von 1919-1921 am Bauhaus hospitierte. (vgl. Experiment Bauhaus, S. 78)

Itten setzte diese Arbeit zu Recht in enge Beziehung mit seinem Unterricht: «Der Wandbehang in Gobelintechnik ist eine Komposition im quadratischen Charakter mit Farb- und Proportionsakzenten. Als Formkontrast kam das Dreieck hinzu. Diese Arbeit wurde mir Weihnachten 1920 [...] geschenkt.» (Experiment Bauhaus, S. 78).




Bild: Max Pfeiffer-Watenphul, Schlitzgobelin um 1921, Kette Hanf, Schuss Wolle, 137 x 76 cm, Quelle: Experiment Bauhaus, S. 78

Insbesondere der expressionistische Maler Wassily Kandinsky beschäftigte sich mit der Frage, welchen Charakter bestimmte Farben haben und in welchen Formen sie am besten wirken. Wie schon bei Itten bildeten die drei Grundfarben Rot, Gelb, Blau und deren Zuordnung zu den Grundformen Quadrat, Dreieck, Kreis den Ausgangspunkt für seine Farbenlehre. Kandinsky verfolgte dies weiter und stellte den drei Basisfarben dreidimensionale Körper gegenüber: Aus dem Quadrat entstand ein roter Kubus, aus dem Dreieck eine gelbe Pyramide und der Kreis entspricht in seiner räumlichen Konsequenz der blauen Kugel.

Gestaltungsmerkmale der Bauhaus Textilien: Weg der Abstraktion

Gibt es einen Bauhaus-Stil? Walter Gropius legte Wert darauf, dass dies nicht der Fall sei. «Die stilistischen Merkmale des Bauhauses waren das Ergebnis einer gegenseitigen Befruchtung von Kunst und Technik sowie der Überzeugung, von Gropius, dass typische Formelemente in Serien produziert werden sollten». Und es wurde eine Einheit in der Vielfältigkeit angestrebt (Wortmann Weltge, S. 185). Ziel des Bauhauses war die Einheit des Designs als Ganzes, nicht die bewusste Schaffung eines Stils.

Die Bauhaus-Weberinnen entwickelten damals eine neue Formensprache, die beinahe von zeitloser Gültigkeit ist. Den Stoffen ist in erster Linie ein einheitlich stilistisches Verfahren gemeinsam, sie sollten «bestimmte ästhetische und funktionale Anforderungen erfüllen». Somit sind sie eher Ausdruck einer Haltung als einem Stil zuzuordnen. Trotzdem entwickelte sich aus dem spielerischen Forschen sehr schnell der Ansatz einer reduzierten Ästhetik heraus. Gunta Stölzl schrieb in ihrem Artikel ‚Weberei am Bauhaus’: «Das Gewebe ist ein ästhetisches Ganzes, eine Komposition von Form, Farbe und Materie zu einer Einheit. Auf allen Gestaltungsgebieten zeigt sich heute ein Bestreben nach Gesetzmässigkeit und Ordnung. So haben auch wir in der Weberei uns zur Aufgabe gemacht, die Grundelemente unseres Stoffgebietes zu untersuchen» (Stölzl, Gunta, in: Das Bauhaus webt, S. 190). Unverkennbar hatte «der Wandel von der Textilgestaltung als reinem Handwerk hin zu einem integralen Bestandteil der zeitgenössischen Designästhetik zu diesem Zeitpunkt bereits stattgefunden. Die Bauhaus-Weberinnen hatten diesen Wandel ermöglicht.» (Wortmann Weltge, S. 192).

Durch die Analyse vieler Bauhaus-Stoffe konnte ich die folgenden vier Gestaltungsmerkmale ableiten:

1) ABSTRAKTION (ZU EINER REIN FLÄCHENHAFTEN DARSTELLUNG)

Was allen Bauhaus-Stoffen gemeinsam ist, ist die Vereinfachung. Es wird nicht die Wirklichkeit wiedergegeben, sondern die Abstraktion, die Abkehr von der Wiedergabe naturalistischen Formen. Im Bauhaus befreite man sich komplett von der bildlichen, gegenständlichen Darstellung eines Sujets.

Otti Berger schreibt in ihrem Artikel ‚Stoffe im Raum’ 1930: «Wozu brauchen wir dann noch Blumen Ranken, Ornamente? Der Stoff selbst lebt. – ein Beispiel hierfür: Wir müssen uns nicht an das Gegenständliche halten. Soll das Erleben des Winters in einem Gobelin zum Ausdruck kommen, so ist es nicht nötig, einen kahlen Baum auf hellfarbigem Hintergrund und einen Raben dazu zu weben. Wir können ohne bestimmte Formen, nur mit dem Ausdruck des Materials, der Struktur, das Glitzern und Schimmern hervorbingen, was uns unwillkürlich den Winter empfinden läßt.» (Droste, S. 224)

«Während in den Anfängen der Bauhausarbeit noch von bildmässigen Prinzipen ausgegangen wurde, ein Gewebe sozusagen ein Bild aus Wolle war», wurde zusehends mehr nach dem Verwendungszweck gefragt und welche Anforderung ein Gewebe zu erfüllen habe. Stölzl forderte, dass «das Gewebe Fläche zu sein hat und immer als Fläche wirken soll». Somit sollten alle Gestaltungsmittel «dem Gesetz der Fläche unterworfen sein». Weiter schreibt Gunta Stölzl in ihrem Artikel: «Wir weben heute keine Blumen und Früchte, keine Figurenszene und architektonischen Perspektiven, wie wir uns ebensowenig mit einer ornamentalen Dekorierung befassen. Wie schon gesagt, bewegt sich die Formgebung eines Stoffes in flächenhafter Darstellung.» (Stölzl, Gunta, in: Das Bauhaus webt, S. 190).

2) GEOMETRISCHE MUSTER (VERWENDUNG DER GRUNDELEMENTE STREIFEN, QUADRAT, DREIECK UND RECHTECK)

Die Bauhaus-Textilien sind beinahe ausschliesslich mit geometrischen Formen gestaltet. Dies liegt einerseits an «der Webtechnik naturgemässen Betonung von Vertikale und Horizontale», was von alleine zu geometrischen Einheiten sowie zu Streifen und kleinen Wiederholungen führt. Andererseits ist dieses Gestaltungsmerkmal auch auf den grossen Einfluss von Klee, Itten und Kandinsky zurückzuführen, wie vorgängig ausgeführt wurde. (vgl. Wortmann Weltge, S. 186)

3) HELL-DUNKEL-KONTRASTE

Beinahe alle Bauhaus-Stoffe weisen einen Hell-Dunkel-Kontrast auf, der auf Itten zurückzuführen ist. Johannes Itten war von 1919 bis 1923 als künstlerischer Leiter (Formmeister mehrerer Werkstätten) am Bauhaus tätig und prägte mit seiner Kontrastlehre weitgehend die Arbeiten der Studierenden.

Der Hell-Dunkel-Kontraste ist jener Kontrast, der durch die unterschiedliche Farbhelligkeit zweier Farben entsteht. Er bezieht sich aber nicht nur auf die unbunten Farben Schwarz und Weiss und deren Graustufen, sondern auch auf alle anderen Farben, die in ihrer Helligkeit untereinander unterschiedlich sind. So sind auch innerhalb der bunten Farben helle Farben (z.B. Gelb) und dunkle Farben (z.B. Violett) gut differenzierbar. Diese Farbtöne können zusätzlich durch Weiss nach Hell und durch Schwarz bzw. mit der Komplementärfarbe nach Dunkel gebrochen werden.

Die Farben der Bauhaus-Stoffe sind oft in gedämpften Neutralfarben oder Primärfarben sowie in den unbunten Farben Schwarz und Weiss gehalten.

4) HANDWERK (HANDWEBEREI)

Die Bauhaus-Weberei bestand aus Handwebstühlen, die postulierte Rückkehr zum Handwerk gehörte auch zum Konzept der Schule. Die Arbeit am Handwebstuhl ermöglichte ein experimentelles Arbeiten. Gunta Stölzl schreibt dazu in ihrem Artikel: «Da die mechanische Weberei heute noch nicht so weit entwickelt ist, dass sie alle Möglichkeiten der Handweberei aufnehmen kann und eben diese Möglichkeiten für den schöpferisch sich entwickelnden Menschen notwendig sind, befassen wir uns vor allen mit der Handweberei; denn nur die Arbeit am Handwebstuhl lässt so viel Spielraum, eine Idee von Experiment zu Experiment fortzuentwickeln, bis eine solche Verdichtung und Klärung entsteht, dass das Modellstück der Industrie übergeben werden kann und sein mechanische Herstellung möglich wird.» (Stölzl, Gunta, in: Das Bauhaus webt, S. 190)




Abbildungen: Ida Kerkovius Teppichentwurf 1923, Bauhaus-Archiv Berlin

Wie die meisten Teppichentwürfe am frühen Weimarer Bauhaus folgt auch dieser einem strengen Aufbau. Quadrat und Rechteck-Strukturen in horizontaler und vertikaler Richtung sind mittig versetzt gespiegelt. Der quadratische Aufbau sowie die vielen feinen Farbnuancierungen sind dem Einfluss von Paul Klee zuzuordnen. Das Farbkonzept weist viele wunderschöne getrübte Farben auf, die gespickt sind mit einzelnen gesättigten Farbakzenten wie leuchtendes Magenta, Gelb und Rot.

Ida Kerkovius versetzt das kühne Design mit einem traditionellen Rand, den sie im strengen Hell-Dunkelkontrast jedoch wieder modern umgesetzt hat. Der Hell-Dunkelkontrast ist geprägt von Ittens Kontrastlehre. Der ausgeführte Teppich wurde an der Bauhaus-Ausstellung 1923 präsentiert und verkauft. (vgl. Experiment Bauhaus, S. 80)

Teppiche am Bauhaus

Gunta Stölzl beschreibt in ihrem Artikel über die «Weberei am Bauhaus» zwei verschiedene Ansätze, einen Teppich zu entwickeln: «Ein Bodenteppich kann einkomponiert sein in den Raum und kann als solcher raumbestimmte Funktionen haben; er kann aber ebensogut als selbständiges ‚Ding an sich’ gedacht sein, das in seiner Form und Farbensprache irgendein Flächenthema behandelt (Droste, S. 190). «Gegenstandslose Bildteppiche stellten die zentrale Entwurfsaufgabe im Bauhaus dar, da durch die Auseinandersetzung mit Material, Farbe und Technik viele unbekannte Ausdrucksmittel entdeckt und konkrete Bildinhalte unwichtig wurden. (Kuhn, Rolf, S. 180)

Bauhausteppiche sollten den traditionellen Perserteppich ersetzen, der zum modernen Bauhausmobiliar nicht mehr passte. «Aufgrund der leichten, wenig farbigen Sitzmöbel (zum Beispiel Marcel Breuers Stahlrohrsessel) konnten die Teppiche im Raum Akzente setzen: Es entstanden kraftvolle Entwürfe mit reichen geometrischen Mustern, die bis heute aktuell geblieben sind.» (Kuhn, Rolf, S. 169)

Portrait ausgewählter Bauhaus-Weberinnen

Nachfolgend werden einige ausgewählte Bauhaus-Studentinnen vorgestellt, es gäbe noch einige mehr, wie beispielsweise Anni Albers und Gertrund Arndt.

Nur wenige Frauen schafften den Sprung in leitende Positionen. Jeder Werkstatt standen ein Formmeister, der die künstlerische Leitung innehatte, und ein Werkmeister, der handwerklich-technische Fähigkeiten vermittelte, vor. Als einzige Werkmeisterin leitete Gunta Stölzl ab 1925 die Weberei, die sie zuvor zusammen mit Koch-Otte aufgebaut hatte. Die Beiden standen ihr Leben lang in Briefwechsel, heute sind diese Schreiben wichtige Dokumente für die Aufarbeitung der lückenhaften Geschichte der Bauhäuslerinnen.

1931 verliess Gunta Stölzl das Bauhaus, wegen der sich zuspitzenden politischen Situation, aber auch wegen interner Konflikte, und ging in die Schweiz. Zwei Jahre zuvor hatte sie ein Kind bekommen und es regelmässig mit zur Arbeit genommen. Ein Tabubruch! Die Bauhäuslerinnen haben sich Ansehen erkämpft. Heute haben viele von ihnen noch nicht mal einen Wikipedia-Eintrag. (vgl. Online: http://www.zeit.de, 09.06.14)

Benita Koch-Otte

«Benita Otte gehört zu den vielen qualifizierten Frauen, die angelockt durch das Versprechen der Gleichberechtigung, des Aufbruchs und des Experiments ans Bauhaus kamen. Die ausgebildete Zeichen-, Turn- und Handarbeitslehrerin gab daraufhin nach fünf Jahren ihre Stelle als Lehrerin an der Städtischen Höheren Mädchenschule in Uerdingen, dem Wohnsitz der Eltern, auf und kam Ostern 1920 mit 28 Jahren ans Bauhaus.» (Below, Irene, 2012)

«Ob Benita Otte vorhatte, am Bauhaus ihre Fähigkeiten im Bereich der textilen Künste weiterzuentwickeln oder sich darauf erst im Rahmen der Kanalisierung der Studentinnen in der Weberei spezialisierte, ist nicht mehr auszumachen. Erstaunlich ist jedenfalls, wie vielseitig sie in ihrer Weimarer Bauhauszeit arbeitete. Das zeigen ihre Beiträge zu der grossen Bauhausausstellung 1923: Von grossem Interesse an Architektur und Farbgestaltung sowie stupenden Fähigkeiten räumlicher geometrischer Zeichnung zeugt die isometrische Darstellung des Musterhauses Am Horn. Für dieses Haus entwickelte sie zusammen mit Ernst Gebhardt die Küche, eine der ersten nach modernen arbeitssparenden Gesichtspunkten konzipierten und technisch auf dem neuesten Stand ausgestatteten Küchen überhaupt (vgl. Siebenbrodt, 2007). Zudem beteiligte sie sich mit einem Teppich für das Kinderzimmer.» (Below, Irene, 2012)




Abbildungen: Portrait Benita Koch-Otte, 1920er Jahre, URL bauhaus-online.de; Benita Koch-Otte (Entwurf der Küche), Küche im Haus am Horn, Weimar, 1923, URL bauhaus-online.de




Abbildung: Benita Koch-Otte: Teppich für ein Kinderzimmer, 1923; Quelle: Das Bauhaus webt, Die textilwerkstatt am Bauhaus , G+H Verlag Berlin.

«Ihre verschiedenen Projekte zeigen ihre vielfältigen Fähigkeiten und Interessen, ihr Arbeitsschwerpunkt lag auf der Weberei, deren Ausbau sie und die fünf Jahre jüngere Gunta Stölzl engagiert vorantrieben. Fünfzig Jahre später hat Stölzl dies eindrücklich beschrieben: ‚Otte und ich wir waren Eifrige, fast möchte man sagen Besessene des Webens in den Jahren 1921 bis 1923.’» (Stadler-Stölzl 1972, S. 22), (http://bauhaus-online.de/atlas/personen/benita-koch-otte)

«Bis 1925 wirkte sie hier zunächst als Schülerin, später als Mitarbeiterin in der Webereiwerkstatt. Gemeinsam mit Gunta Stölzl gehörte Benita Koch-Otte zu den begabtesten Studentinnen der Weberei am Bauhaus. Beide besuchten u. a. Kurse an der Färbereifachschule und an der Textilfachschule in Krefeld, um sich selbst weiterzubilden und den Kommilitoninnen in Weimar die neuen Techniken zu lehren.» (http://bauhaus-online.de/atlas/personen/benita-koch-otte)

Gunta Stölzl

Gunta Stölzl studierte zwischen 1914 und 1916 an der Kunstgewerbeschule München Dekorative Malerei, Glasmalerei sowie Keramik, Kunstgeschichte und Stillehre. Während des Krieges arbeitete sie zwischen 1916 und 1918 als Rotkreuzschwester. Nach einem erneuten kurzen Studienaufenthalt 1919 an der Kunstgewerbeschule München begann sie im selben Jahr ein Studium am Staatlichen Bauhaus in Weimar.

Im Wintersemester 1919/ 20 besuchte sie den Vorkurs von Johannes Itten, von 1921 bis 1925 lernte sie in der Weberei von Georg Muche und studierte erneut bei Johannes Itten und Paul Klee. Zwischenzeitlich richtete sie 1924 im Auftrag von Johannes Itten eine Webwerkstatt in Herrliberg bei Zürich ein. Ausserdem wirkte sie am Aufbau einer Färberei mit. Von 1925 bis 26 war sie am Bauhaus Dessau Werkmeisterin der Webereiwerkstatt. Von 1926 bis 1931 war sie Leiterin der Weberei. Am Bauhaus Dessau erarbeitete sie u. a. Textilbespannungen für einige der Möbel von Marcel Breuer. Es entstanden bedeutende Teppiche und Webereien nach ihren Entwürfen. 1929 heiratete sie den Bauhaus-Studenten Arieh Sharon.

Nach dem Weggang vom Bauhaus im Frühjahr 1931 ging sie in die Schweiz. 1937 erhielt sie für ihre Arbeiten auf der Pariser Weltausstellung das «Diplôme Commémoratif – Exposition Internationale des Arts et des Techniques.» (http://bauhaus-online.de/atlas/personen/gunta-stoelzl)




Abbildungen: Gunta Stölzl, ca. 1926, Bauhaus-Archiv Berlin; Marcel Breuer / Gunta Stölzl, Afrikanischer Stuhl, 1921, Bauhaus-Archiv / Museum für Gestaltung, Berlin.

Ida Kerkovius

Ida Kerkovius war eine deutsche Malerin und Bildteppichweberin, die zum Stuttgarter Kreis der Avantgardisten und zu den bedeutenden weiblichen Vertreterinnen der Klassischen Moderne in Deutschland zählt.

Im Alter von 18 Jahren begann sie ihre Ausbildung an einer privaten Mal- und Zeichenschule in Riga. Sie beendete diese Ausbildung 1899 mit einem Diplom, das sie zum Kunstunterricht befähigte. Begeistert von den Werken einer Adolf Hölzel-Schülerin fasste sie den Entschluss, ihr Studium in fortzusetzen. 1908 begann Ida Kerkovius ihr Kunststudium an der Akademie der bildenden Künste in Stuttgart, wo sie Meisterschülerin von Adolf Hölzel wurde. Ab 1911 unterrichtete sie als seine Assistentin Privatschüler, die noch nicht zur Akademie zugelassen waren und führte sie in seine Lehre ein, unter anderen auch Johannes Itten. 1911 stellte sie in Berlin erstmals ihre Werke aus, fünf Jahre später beteiligte sie sich an der Ausstellung «Hölzel und sein Kreis» mit Willi Baumeister, Oskar Schlemmer und Johannes Itten.

Im Wintersemester 1920, mit 41 Jahren, entschloss sich Kerkovius erneut zum Studium – diesmal am 1919 gegründeten Bauhaus in Weimar. «Ich wollte nicht einseitig sein», erklärte sie den Weg zurück zur Schulbank. Sie besuchte den Vorkurs bei Johannes Itten, einst pikanterweise einer ihrer Schüler, bei Hölzel und Georg Muche, den Unterricht von Wassily Kandinsky und Paul Klee und erlernte die Kunst des Webens in der Klasse von Gunta Stölzl. Anschliessend kehrte sie in ihr Stuttgarter Atelier zurück und entwickelte eine neue künstlerische Selbständigkeit gegenüber Hölzel, mit dem sie auch weiterhin freundschaftlich verbunden blieb. 1930 hatte sie ihre erste grosse Einzelausstellung beim Württembergischen Kunstverein. (vgl. Wikipedia)

«Die Nationalsozialisten diffamierten ihre Werke als Entartete Kunst, und so wurde sie in ihrem Wirken ab 1933 eingeschränkt. In der Zeit von 1934 bis zum 2. Weltkrieg 1939 reiste sie im Sommer jeweils für längere Zeit ins Ausland, das Reisen regten sie zur Landschaftsmalerei an. 1939 wurde ihre deutschstämmige Familie wegen der Bestimmungen des Deutsch-Sowjetischen Grenz- und Freundschaftsvertrags nach Polen umgesiedelt. Dabei gingen viele Werke von Kerkovius verloren. Sie arbeitete zurückgezogen als Malerin und verdiente mit ihrer Lehrtätigkeit und der Bildteppichweberei ihren Lebensunterhalt.» (Online, Wikipeda, 09.06.14)

Durch einen Bombenangriff im März 1944 brannte ihr Stuttgarter Atelier völlig ab und viele ihrer Bilder und Arbeiten wurden dabei zerstört.

Trotz sinkender Kräfte währte ihr künstlerisches Schaffen bis in ihr hohes Alter. Die Künstlerin starb nach langer, schwerer Krankheit im 91. Lebensjahr.




Abbildungen: Das Selbstbildnis entstand um 1929; Ida Kerkovius, 1946; URL: http://www.hofheim.de/kultur/Stadtmuseum/Dauerausstellung/Kunst/Ida_Kerkovius.php

Otti Berger

Otti Berger war eine kroatische Designerin. Nachdem sie die höhere Mädchenschule in Wien beendet hatte, immatrikulierte sie sich in der Königlichen Kunstakademie und Kunstgewerbeschule in Zagreb, die sie von 1922 bis 1926 besuchte. Im Anschluss daran ging sie ans Bauhaus in Dessau. Anfang 1927 schrieb sie sich offiziell in den Vorkurs unter der Leitung von László Moholy-Nagy ein und nahm am Unterricht von Paul Klee und Wassily Kandinsky teil. Danach ging sie in die Werkstatt für Weberei, in der sie 1930 ihren Abschluss erlangte. Im Herbst 1931 übernahm sie, auf Empfehlung der Meisterin der Webereiwerkstatt Gunta Stölzl, die Leitung der Klasse. Obwohl Otti Berger die Weberei unabhängig leitete und alle pädagogischen, produzierenden und praktischen Bereiche des Lehrprogramms ausführte, wurde sie nie offiziell angestellt. Der neue Direktor des Bauhauses, Mies van der Rohe, betraute die Designerin Lilly Reich mit dem Management der Werkstatt für Weberei, während Otti Berger ihre Stellvertreterin wurde. Basierend auf eigenen Erfahrungen als Bauhausstudentin und mit ihrem Fachwissen über die Industrie entwickelte Berger – im Verlauf ihrer Arbeit mit den Studenten – als erfahrende Textildesignerin einen eigenen Stundenplan. 1932 verliess sie das Bauhaus und eröffnete ihr eigenes «Textil-Atelie» in Berlin. Sie baute erfolgreich Kooperationen mit zahlreichen Textilunternehmen auf, beispielsweise mit Wohnbedarf Zürich und die Weberei De Ploeg in Bergeijk/ Niederlande, die auf Bergers Ideen basierende Materialien oder Stoffe nach ihren Entwürfen produzierten. (vgl. Online, Mlikota, Antonija, 09.06.14, URL: http://bauhaus-online.de)

1936 bekam sie aufgrund ihrer jüdischen Abstammung Arbeitsverbot in Deutschland; sie war gezwungen ihr Geschäft zu schliessen. Während dieser Zeit hatte die Mehrheit der Bauhausprofessoren, darunter Otti Bergers Verlobter Ludwig Hilberseimer, Visa erhalten und nach Amerika emigrieren können. Im Jahr 1938 versuchte Otti Berger auf Einladung László Moholy-Nagys an das New Bauhaus in Chicago zu gehen. Während sie nach Arbeit suchte und auf ihr Visum wartete, verbrachte sie mehrere kurze Aufenthalte in London. Die Krankheit der Mutter und die erfolglose Arbeitssuche in England (sie sprach kein Englisch, hatte Hördefizite und keine Freunde vor Ort, da sie für die Engländer als Deutsche galt) kam sie 1938 zurück nach Zmajevac.

Im April 1944 wurde sie zusammen mit ihrer Familie nach Auschwitz deportiert und starb dort. (vgl. Online, Mlikota, Antonija, 09.06.14, URL: http://bauhaus-online.de)




Abbildungen: Portrait Otti Berger, Dessau 1927/28, Bauhaus-Archiv Berlin; Otti Berger, Tasttafel aus Fäden, Arbeit aus dem Vorkurs Moholy-Nagy, 2.Semester, 1928, Bauhaus-Archiv / Museum für Gestaltung, Berlin

Fazit Motivwahl «Bauhaus»

Ich werde rein geometrisch arbeiten, den Streifen, das Quadrat, Dreieck und Rechteck verwenden und mit Hell-Dunkel-Kontrasten prägnante Farbkontraste setzen.

Motivwahl «Tropen»

Bei der Inspirationsquelle der Tropen verarbeite in eine längere Reise mit Aufenthalt in tropischen Gebieten im letzten Jahr. Die Tropen gelten seit Jahrhunderten als exotischer Sehnsuchtsort. Ich zitiere sowohl bei meinem Tuftteppich wie auch bei meinem gewebten Teppich eine Skizze von Sydney Parkinson. Parkinson symbolisiert für mich die frühe Sehnsucht nach dem Exotischen, den Tropen. In jungen Jahren konnte er als Zeichner Forschungsreisen in tropische Gebiete des Pazifiks, (der an Indonesien, Südamerika, Australien, Philippinen, Thailand und Japan angrenzt) unternehmen.

Sydney Parkinson

Sydney C. Parkinson (1745-1771 ) war ein britischer naturhistorischer Zeichner. Sydney wurde zu einem Wollwarenhändler in die Lehre gegeben, doch er zeichnete in jeder freien Minute. Durch einen Zufall fielen dem Lehrherren seine Zeichnungen in die Hände, und er erkannte auf Anhieb das Talent des feingliedrigen Jungen. Er schrieb Sydney in der Schule für Gestaltung von William De la Cour ein. Ein Jahr zuvor gegründet, war diese Schule die erste dieser Art auf den Britischen Inseln. Sie unterstand einer Kommission, die sich zum Ziel gesetzt hatte, in Schottland das Handwerk zu fördern. Ist das nicht ein interessanter Zusammenhang zur Philosophie des Bauhauses?

1768, Parkinson war 23 Jahre alt, wurde er von Joseph Banks angeheuert, um die erste Forschungsreise von James Cook in den Pazifik (1768–1771) als botanischer Zeichner zu begleiten. Parkinson starb bereits mit 26 Jahren auf der Rückreise dieser dreijährigen Forschungsreise auf See bei Batavia, heute Jakarta.

Sydney Parkinsons Zeichnungen und Aquarelle sind heute im Besitz des Natural History Museums in London. Als Künstler und Forscher bewies er viel Liebe zum Detail, was sich in den Strukturen und Feinheiten seiner gemalten Fische, Pflanzen, Blumen, Vögel und Wirbeltiere, den Landschaften und Menschen zeigt.

Während er zu Anfang der Reise noch mit den Entdeckungen und der Sammelwut von Banks Schritt halten konnte, um die Zeichnungen zu kolorieren, überwältigte ihn später die riesige Menge an festzuhaltenden Objekten, die er nur noch skizzieren und an den wichtigsten Stellen farbig markieren konnte, um eine optische Vorstellung der Pflanze zu kreieren. Doch selbst diese unvollendeten Skizzen vermitteln immer noch ein detailliertes Bild und verfügen über einen ganz eigenen Charme, den ich bei meinem Hanttuft-Teppich zitiere. (vgl. Vosseler, 2013: Online, vgl. Wikipedia, Sydney Parkinson, 26.05.14)




Definition Eklektizismus

In meiner schriftlichen Masterthesis habe ich mich intensiv mit dem eklektischen Gestaltungsprinzip auseinandergesetzt. Hier verwende ich zur Klärung des Begriffs einen Auszug davon:

Die Begriffe «eklektisch» oder «Eklektizismus» stammen vom griechischen Wort «eklegein» ab, was so viel wie «auswählen» bedeutet. Mit Eklektizismus ist die Selektion und Vermischung von inhaltlichen, formalen oder künstlerischen Richtungen, welche ursprünglich nicht zusammengehören, gemeint. In Design, Kunst und Architektur ist das eklektische Prinzip eine gebräuchliche Methode, um Zitate zu verfremden, neu zu interpretieren und ein spannendes Spiel mit Symbolen zu schaffen. Die Bezeichnung «eklektisch» oder «eklektizistisch» bezieht sich auf ein einzelnes Werk in dem verschiedene Stile verarbeitet sind. (Pevsner, 1992, Lemma Eklektizismus)

Als Gestaltungsprinzip lässt der Eklektizismus dem Gestalter einen Spielraum, den man als reizvoll empfinden kann, setzt ihn und sein Werk aber gleichzeitig dem Risiko des Vorwurfes der Beliebigkeit aus. Aus dieser Perspektive betrachtet wird auch die negative Konnotation verständlich, die dem Begriff traditionell anhaftet. Gemäss Duden steht der Eklektizismus heute immer noch für eine «unoriginelle, unschöpferische geistige oder künstlerische Arbeitsweise oder Form, bei der Ideen anderer übernommen oder zu einem System zusammengetragen werden bzw. die Zusammenführung, Auswahl, Mischung unterschiedlicher Ideen, Stile». (, 05.01.14)

Als Gestaltungsprinzip ist der Eklektizismus vor allem in der Postmoderne für die «kritische Reflexion über vorhandenes Material von Bedeutung». (Wikipedia, Eklektizismus, 10.10.13)

Nach Joachim Jacob zielt «die eklektizistische Aufnahme von Form- und Stilelementen vergangener Epochen, die als solche erkennbar bleiben, auf eine ‹reiche Mischung von Bedeutungen› (zit. n. C. Jencks), die mit historischem Entwicklungsdenken und klassischen Originalitätserwartungen bricht». (Jacob in: Pethes, Ruchatz, 2001, S. 137)

Gestaltungsmerkmale des Eclectic Style

In meiner schriftlichen Masterthesis setzte ich mich unter anderem mit dem Trend zum Eklektizismus im Interior Design auseinander. Anhand verschiedener Fallstudien wurden exemplarische Interieurs analysiert und der Eclectic Style vorgestellt.

Im Grunde genommen könnte der Eclectic Style auch Eclectic Attitude heissen, denn dieser ist ja gerade ein Stil, der von der Vermischung verschiedener Stile lebt. Doch auch für diese eklektische Haltung gibt es in der Praxis wiederkehrende gestalterische Merkmale.

In meiner schriftlichen Masterthesis habe ich im Kapitel «Gestaltungsmerkmale des «Eclectic Style» die folgenden zwölf Merkmale, die dem heute im Trend liegenden eklektischen Einrichtungsstil sowie dessen gestalterischer Methode zugrunde liegen, ausgearbeitet:

- Kontraste
- Mustermix
- Stilbruch
- Textile Strukturen
- Proportionen
- Farben
- Reduktion
- Repetition
- Überraschung
- Spontaneität und Nonchalance
- Ironie und Humor
- Ausgefallenheit und Originalität

Jedes der Merkmale wurde mit adäquaten Fotobeispielen zeitgenössischer Interieurs im Eclectic Style visualisiert.




Ziel des Projekts

Die praktische Arbeit soll den lange verpönten, eklektischen Stilmix als gestalterische Methode ins Zentrum rücken, seinen Reiz beleuchten und als positiv verstandenes Konzept neu aufzeigen.

Kriterien

Meine eklektische Arbeitsweise beinhaltet, dass ich spielerisch, lustvoll und spontan-intuitiv unterschiedliche Stilrichtungen, Entwurfssprachen, Materialien, Strukturen und Techniken kombiniere und zitiere. Jeder Teppich soll mindestens ein eklektisches Prinzip aufzeigen.

Für meine praktische Arbeit habe ich zu Beginn der Auseinandersetzung einige eklektische Grundsätze ausgewählt, die mich in meiner Entwurfsarbeit angeleitet haben und als Kriterien für Entscheide verwendet wurden. Diese Grundsätze waren somit gleichzeitig Leitgedanke in meiner konzeptuellen Ideenfindung, Massstab für meine Entscheide sowie ein Werkzeug zur Reflexion.

Ich habe somit drei Kriterien analog zum eklektischen Prinzip gewählt sowie ein weiteres Kriterium, die Nachhaltigkeit, die nicht primär eklektisch ist, aber meiner Grundhaltung entspricht und meiner Meinung nach heute eine Selbstverständlichkeit sein sollte.

1. SPIEL MIT ZITATEN

Zitate sind eines der eklektischen Gestaltungsmerkmale. In Design, Kunst und Architektur ist das eklektische Prinzip eine gebräuchliche Methode, um Zitate zu verfremden, neu zu interpretieren und ein spannendes Spiel mit Symbolen zu schaffen. Ich werde formale Elemente von Bauhaus Textilien zitieren und Ansätze der Haltung der Weberinnen der Bauhaus Webereiwerkstatt einfliessen lassen sowie alte, tropische Pflanzenzeichnungen von Sydney Parkinson zitieren.

2. SPIEL MIT KONTRASTEN

Eklektizismus sieht im Kontrast eine Energiequelle. Konventionen werden ignoriert, man mischt Neues und Altes, Luxuriöses und Bescheidenes, Grelles und Ruhiges. Die Kunst bei der Mischung von Gegensätzlichkeit besteht darin, trotzdem genügend Zusammenhang herzustellen, damit die Kombination funktioniert.

Jeder Entwurf soll mindestens einen Kontrast thematisieren. Dieser kann sich als inhaltlicher Kontrast, formaler Kontrast, farblicher Kontrast, Strukturkontrast oder in einer ungewöhnlichen Kombination von Techniken äussern. Insbesondere werden gegensätzliche formale Welten aufeinandertreffen. Kontraste wie beispielsweise geometrisch und floral, die für mich das Tropische Bauhaus symbolisieren, werden thematisiert.

Ebenso werden Farbkontraste eingesetzt. Das Hell-Dunkelpaar Schwarz-Weiss soll bei jedem Teppich vorkommen. Dem wird eine eher bunte Farbigkeit gegenübergesetzt .

Es geht mir dabei um das Gesamtbild der verschiedenen Inspirationswelten . So kann ein Entwurf auch als Kontrast zu einem anderen verstanden werden. Der Kontrast kann auch nur subtil – beispielsweise über die Struktur – thematisiert werden. Gewisse Entwürfe können entweder eine geometrische oder eine florale Sprache aufweisen. Sie sind somit einem der Inspirationsthemen zuzuweisen oder zeigen die Redundanz beider Welten auf. Andere Entwürfe thematisieren den formalen Mix, wobei die verschiedenen Anteile beispielsweise 80 zu 20 Prozent sein können. Der Anteil der Inspirationen der Tropen oder des Bauhauses wird also nicht in jedem Entwurf je zur Hälfte einfliessen. Sie sollen aber als Gesamtbild lesbar sein.

3. EINHEIT DER GEGENSÄTZE

Dieses Kriterium ist eine Kombination von Kriterium 1 und 2, es beinhaltet das Spiel mit Zitaten und Kontrasten, es wird mit Stilbrüchen gearbeitet, dabei wird aber eine ausgewogene Einheit gesucht. Die bewusste Kombination von gegensätzlichen Elementen erfordert, dass diese ähnlich prägnant eingesetzt werden sowie verbindende Gestaltungselemente verwendet werden.

Ich untersuche den Reiz und somit auch die Grenzen des eklektischen Stilmix’, d.h. ich strebe trotz aller Gegensätzlichkeit eine gewisse Ausgewogenheit an. Die Entwürfe sollen die Aussage des Titels «Tropisches Bauhaus - Eklektizismus: Einheit der Gegensätze» unterstützen.

4. NACHHALTIGES DESIGN

Es war mir wichtig, Teppiche aus Naturfasern in ökologischer Konsequenz herzustellen. Alle umgesetzten Entwürfe erfüllen das Prinzip der Nachhaltigkeit. Alle Teppiche sind in der Schweiz hergestellt worden. Zudem habe ich nach Möglichkeit Schweizer Rohstoffe verwendet. So ist der gewebte Teppich aus 100 Prozent Schweizer Schafwolle angefertigt worden. Ein anderer Teppich wurde aus Reststücken der Firma Ruckstuhl zusammengestellt und ist somit Recyling, bzw. Upcycling.

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